Informationen zur Vormundsbennenung in Kombination mit einer Testamentsvollstreckung
Das Vormundsbenennungsrecht
I. Vormundschaftsbenennungsrecht der Eltern
Nach § 1782 Abs. 1 S. 1 BGB können die Eltern durch letztwillige Verfügung eine natürliche Person als Vormund oder Ehegatten als gemeinschaftliche Vormünder benennen oder von der Vormundschaft ausschließen, wenn ihnen zur Zeit ihres Todes die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes zusteht. Die Vorschrift ist Ausfluss der elterlichen Sorge und des Grundrechts aus Art. 6 GG [BeckOK BGB/Bettin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 1782 Rn. 1].
1. Voraussetzungen
Das Benennungsrecht besteht nur, wenn dem Elternteil im Zeitpunkt des Todes gemeinsam mit dem anderen Elternteil oder alleine die gesamte Personen- und Vermögenssorge zusteht. Der Verlust nur einzelner Bereiche (wie etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht), beeinträchtigt das Benennungsrecht nicht. Kein Benennungsrecht hat der Elternteil, dem die gesetzliche Vertretungsbefugnis (vollständig) entzogen ist, weil es sich nicht nur um einen Teilbereich, sondern um einen wesentlichen Bestandteil der elterlichen Sorgen insgesamt handelt. Darüber hinaus besteht kein Benennungsrecht, wenn die elterliche Sorge zum Zeitpunkt des Todes ruht [BeckOK BGB/Bettin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 1782 Rn. 2].
Die Benennung muss eine sichere Ermittlung der benannten Person zulassen. Es ist zulässig, dass die Eltern die Auswahl des FamG auf einen bestimmten Personenkreis beschränken bzw. diesen ausschließen. Möglich sind auch eine Ersatzberufung oder eine bedingte oder befristete Benennung [BeckOK BGB/Bettin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 1782 Rn. 3].
Die Benennung oder der Ausschluss können durch Testament (§ 1937 BGB) oder Erbvertrag (§ 1941 BGB) erfolgen. Die Benennung ist jederzeit frei widerruflich – kann also nicht mit erbvertraglicher Bindung oder Wechselbezüglichkeit erfolgen [BeckOK BGB/Bettin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 1782 Rn. 5; MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 11].
Haben die Eltern jeweils verschiedene Personen benannt, so gilt die Benennung durch den zuletzt verstorbenen Elternteil (§ 1782 Abs. 2 BGB). Die Benennung oder der Ausschluss durch den Letztversterbenden gilt auch, wenn sie zeitlich früher als die des anderen Ehegatten getroffen wurde [BeckOK BGB/Bettin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 1782 Rn. 6].
Die Eltern haben die Möglichkeit, den Vormund nach § 1801 Abs. 3 BGB von gewissen gesetzlichen Beschränkungen, wie beispielsweise der Pflicht zur mündelsicheren Geldanlage oder zur Rechnungslegung gegenüber dem Familiengericht, zu befreien. Schließlich können Verwaltungsanordnungen für das von Todes wegen erworbene Vermögen getroffen werden [MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 13].
2. Rechtsfolge der wirksamen Benennung
Der benannte Vormund darf vom FamG nur übergangen werden, wenn einer der in § 1783 BGB genannten Ausschlussgründe vorliegt. Es besteht allerdings keine Übernahmeverpflichtung [MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 13].
II. Testamentsvollstreckung
Jeder Erblasser hat nach § 2197 Abs. 1 BGB das Recht, eine Testamentsvollstreckung anzuordnen. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Nachlass zu verwalten und den Wünschen des Erblassers gemäß aufzuteilen (vgl. § 2203 BGB).
Es gibt verschiedene Arten der Testamentsvollstreckung: die Abwicklungs-, Verwaltungs- und Dauervollstreckung. Unter diesen Arten kann der Erblasser frei nach seinen Bedürfnissen wählen. Auch eine Kombination kann im Einzelfall sinnvoll sein.
1. Abwicklungsvollstreckung
Den gesetzlichen Regelfall stellt die Abwicklungsvollstreckung dar. Soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, hat der Testamentsvollstrecker die letztwilligen Verfügungen auszuführen (§ 2203 BGB) und die Auseinandersetzung unter mehreren Erben durchzuführen (§ 2204 BGB). Sein Verwaltungsrecht besteht dabei grundsätzlich allgemein, ausschließlich und unbeschränkt. Es erstreckt sich auf den gesamten Nachlass und schließt in diesem Umfang das Verfügungsrecht des Erben aus (§ 2211 BGB). Schranken ergeben sich durch das Schenkungsverbot (§ 2205 S. 3 BGB), durch Anordnungen des Erblassers (§ 2208 BGB) und durch die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung (§§ 2206, 2216 BGB).
2. Dauervollstreckung, Verwaltungsvollstreckung
Darüber hinaus kann der Erblasser gem. § 2209 S. 1 Hs. 2 BGB anordnen, dass der Testamentsvollstrecker nach Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Abwicklungsmaßnahmen auch die Verwaltung des Nachlasses übernimmt (sog. Dauervollstreckung) oder dass dem Testamentsvollstrecker überhaupt keine anderen Aufgaben als die reine Nachlassverwaltung übertragen wird (§ 2209 S. 1 Hs. 1 BGB). Die Verwaltungsvollstreckung im weiteren Sinne (also auch die Dauervollstreckung) dient der Nutzbarmachung des Nachlasses und dem Zusammenhalt größerer Vermögen oder wirtschaftlicher Unternehmen. Sie ist auf die Erzielung von Erträgen gerichtet [Bengel/Reimann/Holtz/Röhl TV-HdB/Holtz, 8. Auflage 2023, § 1 Rn. 173].
Die Verwaltungsvollstreckung kann auf Teile des Nachlasses, einen Erbteil, auf einzelne Nachlassgegenstände oder einzelne Verwaltungsaufgabe beschränkt werden. Bei mehreren Erben ist die Beschränkung auf einzelne Nachlassgegenstände nur dann möglich, wenn für diese die Auseinandersetzung ausgeschlossen oder aufgehoben ist [Bengel/Reimann/Holtz/Röhl TV-HdB/Holtz, 8. Auflage 2023, § 1 Rn. 174].
Da die Verwaltungsvollstreckung Ausnahmecharakter hat, muss sie eindeutig festgestellt werden können. Sonst hat der Testamentsvollstrecker die gewöhnlichen Aufgaben der Abwicklungsvollstreckung [Bengel/Reimann/Holtz/Röhl TV-HdB/Holtz, 8. Auflage 2023, § 1 Rn. 174].
III. Vormundschaftsbenennung im Verhältnis zur Testamentsvollstreckung
1. Grundlagen
Es ist möglich, den benannten Vormund zugleich als Testamentsvollstrecker zu ernennen.
Dies hat einerseits den Vorteil, dass insbesondere Verfügungen über etwaigen Grundbesitz erleichtert werden, da der Testamentsvollstrecker nicht den Genehmigungsvorbehalten der §§ 1848 ff. BGB unterliegt (vgl. § 2205 BGB). Darüber hinaus eröffnet dies die Möglichkeit eine Bindung der Vermögensverwaltung an eine geschäftserfahrene Person auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres des Mündels hinaus zu schaffen [MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 14].
Andererseits ist zu beachten, dass bei einer derartigen Doppelfunktion ein typischer Interessengegensatz besteht (so kann der Vormund z.B. die minderjährigen Kinder nicht gegenüber sich selbst als Testamentsvollstrecker vertreten). Nach § 1789 Abs. 2 BGB kann das FamG dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten entziehen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormunds, eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der in § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB bezeichneten Person in erheblichem Gegensatz steht. Nach früherer obergerichtlicher Rechtsprechung machte dies die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1809 Abs. 1 S. 1 BGB notwendig, da die Doppelbestellung aufgrund eines erheblichen Interessengegensatzes zu den Interessen des Mündels zu einer Verhinderung des Vormundes führe [OLG Hamm, MittBayNot 1994, 53 (54); MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 14].
Nach Ansicht des BGH ist insoweit jedoch eine generalisierende Betrachtungsweise angebracht, wonach bei einer Doppelfunktion als gesetzlicher Vertreter und Testamentsvollstrecker stets ein erheblicher Interessengegensatz bestehe, nicht angebracht. Die Annahme eines erheblichen Interessengegensatz iSv § 1789 Abs. 2 BGB setze vielmehr einen sich aus dem Einzelfall ergebenen Interessenwiderstreit voraus. Die Feststellung liege im Rahmen der tatrichterlichen Verantwortung. Es sei nach Abwägung aller Umstände zu entscheiden, ob eine vorbeugende Pflegschaftsanordnung geboten oder ein Zuwarten ratsam erscheine [BGH ZEV 2008, 330 (332)]. Im Regelfall könne dies zwar die Annahme rechtfertigen, dass es im Einzelfall zu Konfliktsituationen kommen könne, denen durch die Bestellung eines Pflegers rechtzeitig vorgebeugt werden solle. Anderes könne sich nur dann ergeben, wenn aufgrund der bisherigen Erfahrungen keinerlei Anlass zu der Annahme bestehe, der gesetzliche Vertreter werde unbeschadet seiner eigenen Interessen die Belange des Kindes nicht in gebotenem Maße wahren und fördern [MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 14].
Die Frage nach der Bestellung eines Ergänzungspflegers hängt somit vom Einzelfall ab. Die Gefahr, dass durch die Doppelbestellung ein familienfremder Pfleger die Kontrollrechte erhält, kann somit nicht vollständig ausgeschlossen werden.
2. Lösungsansätze
Um der Gefahr zu begegnen, kommen verschiedene Lösungsansätze in Betracht.
So könnte der Testamentsvollstrecker gem. §§ 2198, 2199 BGB, also auf Grund entsprechender Ermächtigung durch den Erblasser, eine andere Person als Testamentsvollstrecker bestimmen, falls das Familiengericht der Auffassung sein sollte, die Stellung als gesetzlicher Vertreter des Erben sei mit dem Testamentsvollstreckeramt nicht vereinbar. Bei dieser Variante scheidet der ursprünglich vorgesehene Testamentsvollstrecker dann aber insgesamt aus dem Amt aus [Bengel/Reimann/Holtz/Röhl TV-HdB/Holtz, 8. Auflage 2023, § 1 Rn. 218].
Eine weitere Möglichkeit die Ergänzungspflegschaft umgehen zu können, könnte die Anordnung einer Mittestamentsvollstreckung und der Ernennung eines Mitvollstreckers für diejenigen Rechtsgeschäfte, die der Verwaltung durch den Haupttestamentsvollstrecker aufgrund der vermeintlichen Interessenkollision entzogen sind, darstellen. Die Ernennung eines Mitvollstreckers kann gem. § 2199 Abs. 1 BGB auch dem bisherigen alleinigen Testamentsvollstrecker übertragen werden [Bengel/Reimann/Holtz/Röhl TV-HdB/Holtz, 8. Auflage 2023, § 1 Rn. 218; auch Keim greift diese Möglichkeit in MAH ErbR/Keim § 18 Rn. 14 auf, ist jedoch der Ansicht, dies stelle keine adäquate Lösung der Probleme dar, da die Verhinderungsgründe nicht auf der Seite des Testamentsvollstreckers, sondern des Vormundes liegen].